gebremste Taschenrakete

„Wer sich Düsseldorf nicht leisten kann muss raus!“. So sagte es der ehemalige Oberbürgermeister Elbers. Und weil sich unsere Familie vergrößert (im Oktober ist es so weit) brauchten wir dementsprechend eine größere, bezahlbare Wohnung was wir uns durchaus hätten leisten können aber wir wollen nicht zwei Drittel unserer Gehälter für die Miete ausgeben. Nach einer längeren Suche nach einer geeigneten und bezahlbaren Wohnung sind wir dann vor einiger Zeit in den Duisburger Süden – genauer gesagt: nach Hüttenheim – gezogen was für mich bedeutet das ich jetzt jeden Tag zur Arbeit nach Düsseldorf pendeln muss.

Volle Garage

Das geht so weit ganz gut, mit dem Rad und der U79 bin ich innerhalb einer Stunde von „Tür zu Tür“. Würde ich für die gesamte Strecke nur Öffies nutzen wäre ich vermutlich länger Unterwegs. Dass bedeutet aber auch dass ich meinen Fuhrpark aufstocken muss, denn ein Straßenbahntaugliches Fahrrad habe ich noch nicht. Sicher, ich könnte mit einem der Lastenräder zur Arbeit und Zurück fahren oder mein Rennrad mit in die Bahn nehmen aber der Platz dort ist sehr knapp und wenn dann noch ein oder zwei Kinderwagen dazu kommen wird es sehr eng. Daher habe ich mich dann dazu entschieden mir ein Faltrad zu besorgen. Das kann ich – wie der Name schon sagt – falten und zur Not unter einen 4er Sitze schieben.

Bei Ebay-Kleinanzeigen bin ich dann über ein echtes Schnäppchen gestolpert. Dort bot jemand ein Dahon Vitesse I7 für 250 Euro an. Andere Räder von Dahon, Tern, Brompton & Co. waren mindesten 100 Euro teurer (oder komplett aus dem raus was ich ausgeben wollte), daher habe ich dann auch sehr schnell zugeschlagen. Und was soll ich sagen? Ich bin begeistert! Das Rad geht echt steil nach vorne und weil wir die die Angewohnheit haben unseren Fahrrädern Spitznamen zu geben (z.B.: das Bakfiets nennen wir liebevoll „Kutsche“, das Long John nennen wir „Porsche“) habe ich das Faltrad „Taschenrakete“ getauft. Naja, so die Rakete ist dann doch nicht, mir sind so ein paar Kleinigkeiten aufgefallen die ich gerne ändern möchte.

Serviervorschlag

Zum einen gefällt mir die Endgeschwindigkeit nicht. Dahon hat an dem Rad eine Shimano Înter 7 Nabe verbaut (7 Gänge). Leider, leider ist die Auswahl der Gänge in Kombination mit dem vorderen Kettenblatt und den 20 Zoll Rädern nicht ganz gelungen. Die ersten drei Gänge sind sowas von Pipieinfach dass das Vorderrad einen Wheelie machen will sobald ich etwas kräftiger reintrete. Daher fahre ich dann meistens im 3. oder 4. Gang an. Die restlichen Gänge, also der 5. und der 6. sind so „Naja…“. Für den normalen Stadtverkehr sind die einigermaßen O.K. wenn man auf der Straße fährt, (Stopp and Go, links an parkenden Blechdosen vorbei, usw.) aber der 7. Gang könnte gerne etwas „dicker“ sein. Deswegen werde ich, sobald die Kohlen nach dem Umzug wieder etwas flüssiger sind, ein größeres Kettenblatt einbauen. Das bedeutet dann aber eine komplette Änderung des Antriebstrangs. Wegen des neuen Kettenblattes, muss der Kettenschutz weichen und gegen einen Chainglider ausgetauscht werden, die vorhandene Kette ist dann zu kurz und muss dann ebenfalls erneuert werden. Summa Sumarum komm ich dann schon mal auf etwa 100 Euro zusätzliche Kosten.

Himmel Gesäß und Nähgarn!

Wenn wir schon beim Geld ausgeben sind… Warum zum Geier hat Dahon ein Batteriebetriebenes Rücklicht verbaut?!? Im Vorderrad steckt schon ein „Dahon Hub Dynamo“, der vom Aussehen her einem ganz normalem Shimano DH-3N20 oder DH-3N30/31 sein könnte. Der Dynamo alleine ist nur für den Scheinwerfer vorne zuständig (übrigens ein billo 10 Euro LED-Ding was dem Busch & Müller Lumotec IQ Eyro oder Fly ähnelt). Warum, zum Geier, wurde nicht entlang des Bremszugs noch ein Stromkabel für das Rücklicht verlegt und ein anständiges Rücklicht verbaut? So teuer kann das doch gar nicht sein! Naja… Wie es auch sei…. Vorne kommt entweder ein AXA Pico 30 dran oder ein Busch & Müller IQ2. Beide sind schön klein und sehen an dem kleinen Rad nicht so wuchtig aus. Hinten kommt ein Rücklicht von Busch & Müller. Macht nochmal etwa 50 Euro auf der Liste der Anschaffungen. Als Sahnehäubchen werden die Impac Mäntel gegen Schwalbe Marathon Spezial getauscht. Wer die Radwege in Düsseldorf kennt, weiß warum. Macht nochmal 60 Euro bitte!

Gesäßverbreiterung

Eins der ersten Dinge die sofort vom Rad geflogen sind war der mitgelieferte Sattel. Für den Stadtverkehr ist der O.K. aber längere Touren wollte ich damit nicht machen. Daher habe ich den alten Sattel kurzerhand gegen einen Brooks Flyer ausgetauscht. Ich bin grad echt am überlegen ob ich überhaupt ein Rad habe an dem _kein_ Brooks montiert ist (don’t call me Fanboy). Nach einiger Zeit sind das eben echte Wohlfühlsofas. ¯\_(ツ)_/¯

schon im Ar…. Eimer

Eine Reparatur habe ich auch schon zu vermelden. Bei einer Fahrt mit meiner Tochter zum Fußballtraining knarzte es kräftig im Verschluss des Lenkergelenks und der Lenker, bzw. die Lenksäule schlabberten anschließend wie ein Haufen Lämmerkacke! Beim Öffnen des Verschlusses bröselte mir dann die Plastikverkleidung des Klemmblocks entgegen. Tendenziell nicht so geil! Also bin ich am nächsten Werktag (warum passiert sowas immer am Wochenende?!?) von Fahrradladen zu Fahrradladen getingelt um das Ersatzteil zu besorgen. Leider hat keiner der Läden das Teil vorrätig. 🙁 Ein Großhändler in Holland hat das Teil aber ich will nicht so ein Miniteil für 3 Euro kreuz und quer durch Europa schicken (lassen) weswegen ich es es so hingefummelt habe dass es – erstmal – nicht mehr wackelt. Ein spezialisierter Faltradladen in Düsseldorf, der Dahon Räder verkauft und auch einiges an Ersatzteilen hat, hat genau diesen Klemmbock nicht (mehr?) vorrätig. Jedenfalls will er welche bei seinem Großhändler bestellen und mein Ökologisches Empfinden ist damit auch nicht gestört weil er gleich 10 Stück davon in den Warenkorb packte. Problem dabei ist nur: der Großhändler berechnet 3 Euro „Kleinteilzuschlag“. Um dem zu entgehen muss der Händler noch mehr dort bestellen denn dann fällt der Zuschlag weg. Ich bin gespannt wann sich der Händler bei mir meldet und was er dafür berechnet. Gerne geb ich ihm 10 Euro dafür. Dass wäre nämlich das was ich beim Holländischen Internethändler, inkl. Porto, bezahlen würde.

Wrapping Up

Im Grunde genommen macht das Faltrad einen heiden Spass. Es ist zügig unterwegs, längere Strecken – so um die 20 Kilometer – sind damit noch machbar und ich kann es ohne Probleme mit in die Straßenbahn nehmen. Im Nachhinein ist mir noch ein weiterer Vorteil aufgefallen. Die Firma wo ich arbeite hat eine Betriebsstätte in Magdeburg. Gelegentlich muss ich in meiner Funktion als Sysadmin auch mal dorthin fahren. Da Falträder bei der Bahn – wenn auch in einer Tasche verpackt – als Gepäck gelten, kann ich es auch ohne Probleme mitnehmen – ohne dafür zu bezahlen. Corona bedingt fällt das zwar im Moment flach aber ich bin gespannt wie gut das geht, sobald es wieder geht. Jedenfalls bin ich relativ glücklich mit dem Rad. Es hat zwar die ein oder andere „Macke“ (siehe Oben), das Gros der Leute (Camper oder Gelegenheitsfahrer) wird vermutlich damit zufrieden sein, aber das würde ich als „personalisieren“ bezeichnen. Ich werde berichten wie es weiter geht.